Auf dem historischen Jakobsweg, Camino Primitivo
Von Terradillos de los Templarios aus durch die Provinz León (Castilla y León)
1: Navarra
2: La Rioja
3: Castilla:Burgos
4: Castilla:Palencia
5: Castilla:León
6: Galicien
7: Santiago!
8: Finisterre
Sahagún liegt nur etwas mehr als 10 km weiter entfernt und ich erreiche die Stadt morgens - ein Ort mit einem Namen wie aus J.R.Tolkiens Geschichten und uralten Ruinen. Vor 1000 Jahren war Sahagún eine mächtige Stadt in der Region, hat aber seine besten Zeiten schon lange hinter sich - die Klosterruinen mit Turm sind aber sehr interessant.
Hier befindet sich auch eine Tafel mit der Information, daß man sich in der Mitte des Camino befindet. Die Hälfte des Weges nach Santiago habe ich also hinter mir.
Bei den Ortschaften, die man hier durchquert, fühlt man sich um Jahrhunderte zurück in eine andere Zeit versetzt.
Nur Landwirtschaft und Häuser, die aus Lehm und Stroh gebaut sind, teils auch ziemlich verfallen. Ist natürlich nicht ausschließlich so - die Herbergen, Bars und Restaurants sind allgemein neu oder renoviert, und bieten unter anderem auch Internetzugang.
Die Herberge in Bercianos ist zwar renoviert, aber bewusst in dem original rustikalen und mittelalterlichen Stil erhalten - ein Gebäude, das nach Information der Herbergsverwalter 1200 Jahre alt ist.
Nachmittags an einer Bar, die auch WLAN-Internet anbietet, sehe ich gerade einen Schäfer mit seiner Herde vorbeilaufen.
Abends gemeinsames Beobachten des Sonnenuntergangs mit den anderen Pilgern aus der Herberge.
Mansilla ist im Vergleich eine etwas größere Ortschaft, interessant vor allem die Stadtmauer mit einigen Verteidigungstürmen. Einer der Türme ist soweit renoviert, daß man auch heraufsteigen kann.
Die Geländer auf diesem sind oben völlig verbogen und halb herausgerissen, in 8 Metern Höhe. Ein paar Fotos aufgenommen - mit einem Anflug von Übelkeit steige ich wieder ab.
Wie in vielen anderen öffentlich verwalteten (municipal) Herbergen steht hier auch eine Küche mit Essecke zur Verfügung - samt Vorräten, an denen man sich bedienen kann. Koche Spaghetti mit Tomatensauce, nur Tomatenmark musste ich noch selbst besorgen.
Hier bekommt man auch Fleisch und Wurst für das Abendmahl.
Die Wanderwege sind derzeit recht ähnlich, Feldwege wechseln sich ab mit Wanderungen parallel zur Straße.
Von den größeren Städten bisher gefällt mir León mit seiner fast vollständig erhaltenen Stadtmauer, der Kathedrale - die vor allem wegen der bunten Fenster bekannt ist - und mit mehreren Stadtpalästen (einer von dem Architekten Gaudi) am besten.
León scheint auch ein Magnet für Besucher aus der Umgebung zu sein. Tagsüber drängeln sich viele durch die Fußgängerzonen an Läden vorbei.
Abends ist die Hölle los in den Bars und Straßencafes.. das dachten wohl auch die Betreiber der Unterkunft, ein Benediktinerkloster, und schließen um 21:30
- für meine Gewohnheiten fast noch eine Steigerung zur Selbstkasteiung mit der dornenbesetzten Peitsche
Auf der Wanderung wird es ziemlich heiß und auf den letzten fünf Kilometern ist der Wasservorrat frühzeitig aufgebraucht - den Weg entlang gibt es eine große Zahl an Brombeersträuchen, die Beeren sind ziemlich gut, besonders auch um den Durst zu löschen.
Die Herberge in Orbigo ist eine der besonders gemütlichen und geschmackvoll gestalteten. Ein Bild vom Innenhof.
Am Horizont tauchen die ersten Wolken seit Tagen auf, die Schatten spenden.
Nachmittags sieht man in der Ferne etwas sonderbare Wolken auftauchen, die sich zunehmend über den ganzen Horizont erstrecken. Am frühen Abend verfärbt sich die Sonne feuerrot und eine Rauchwolke taucht den Ort in Schatten - es beginnt zu regnen, jedoch eine große Menge an Asche.
Morgens läuft man überraschend an einem Wagen vorbei, an dem man sich an Brot, Marmelade, frischem Obst, Müsli und Kaffee bedienen kann - gratis oder gegen eine freiwillige Spende. Ein Aussteiger und ehemaliger Manager hat es sich hier, erfahre ich, zur Lebensaufgabe gemacht, die Pilger zu versorgen.
Astorga ist auf dieser Etappe ziemlich sehenswert; ein Ort, der schon in der Zeit der Römer gegründet wurde. Besichtigen kann man hier Ausgrabungen einer römischen Villa, von der auch Bodenmosaike fast vollständig erhalten sind. Die Kathedrale ist vor allem wegen der detaillierten Steinmetzreliefs interessant.
Das Stadtschloss von dem Architekten Gaudi hat einen Stil, der an das Märchenschloß Neuschwanstein oder die in Frankreich an der Loire gelegenen Landschlösser erinnert.
Auf der weiteren Wanderung konnte man den Waldbrand weiter beobachten, nach Information der Herbergsverwalter ist dieser etwa 35 km entfernt. Sieht fast aus wie ein aktiver Vulkan.
Abends (ist hier als Pilger mehr die Zeit ab 4 Uhr Nachmittags) trifft man einige wieder - zwei Pilgerinnen aus Kanada & aus Australien, ein Pilger aus Korea
und lernt neue kennen: ein spanisches Paar, zwei jüngere deutsche Pilgerinnen, einen Franzosen und einen Österreicher - das ist das Besondere am Pilgerleben
Schlaf finde ich diese Nacht kaum - bisher haben sich die Schnarcher dezent zurückgehalten, aber diese Nacht hört es sich fast nach einem Wettbewerb für das Guinness-Buch an - als ein aktiver Beteiligter benötigt man bestimmt Ohrstöpsel, um von dem eigenen Schnarchen nicht selbst wach zu werden.
Nach einem längeren Aufstieg, der sehr angenehm abseits der Straße und durch Heidelandschaft verläuft, erreicht man den Gipfel mit dem Cruz de Ferro.
An dem Denkmal findet man einige persönliche Erinnerungsstücke der Pilger, von getragenen Socken über Fotos und Gedenkschreiben bis zu Kruzifixen und Rosenkränzen.
Die letzten 7 km sind wieder ziemlich übel, scharfkantige Felsen und Geröll bei einem sehr steilen Abstieg.
Der Koreaner kommt dreieinhalb Stunden später als geplant und ziemlich erschöpft bei der Herberge an - hatte Akku und Ladegerät seiner Kamera in el Ganso vergessen und musste nach 10 Kilometern wieder umkehren.
Eine alte Brücke, darunter Straßencafés, ein angestauter Fluss, in dem einige baden, im Hintergrund die Kirche und ein malerisches Bergpanorama - das ist Molinaseca.
Sehenswertes in Ponferrada - natürlich die Templerburg!
Vor 10 Uhr, noch geschlossen und 6 € Eintritt - dann weiter wandern.
Später treffe ich die zwei Pilgerinnen aus Australien und Kanada, die erzählen, daß heute Eintritt frei gewesen (evtl. immer Mittwochs) wäre - bis 10 Uhr warten hätte sich doch noch gelohnt
Die Herberge in Cacabelos besteht aus Hütten mit Zweierzimmern und Waschräumen die um die Kirche herum gebaut sind - relativ schlicht - und Innenhof mit Tischen und Bänken.
Abends hält ein Spanier, der Soldat (soweit ich das mit meinen Spanischkenntnissen richtig verstanden habe) und nicht mehr allzu nüchtern ist, lange Vorträge über die Länder, die er besucht hat und besondere Erlebnisse und vieles mehr. Thema Einsätze in Syrien und Libanon, über spezielle Muskeltrainings-Techniken, dann über UFOs, die er in Schweden gesehen hat, und die deutsche Kultur - 'Oktoberfest - Cerveza, Cerveza, Cerveza' ein paar Pilgerinnen sind mit der Zeit und seinem Bierkonsum etwas beunruhigt und verziehen sich dezent in eine ruhigere Ecke.
Über Nacht ist der Himmel zugezogen, schon 7:30, ziemlich spät zum Starten und trotzdem noch dunkel.
Der mutmaßliche Soldat besorgt sich als erstes ein Bier aus dem Getränkeautomat gegen den Kater.
Kurz vor Villafranca (den Ortsnamen gibt es öfter) sieht man es im Hintergrund schon, Feuersbrünste - einige Bäume, die in Flammen stehen, und das direkt in der Nähe der Stadt. - Den Koreaner treffe ich zwei Tage später wieder, der die Nacht zuvor in Villafranca übernachtet hat. Er erzählt, um 2 Uhr nachts hätte jemand in der Herberge Feueralarm ausgerufen und dann hätten alle das Haus verlassen, um das Feuer zu beobachten.
Wegen der Brände in direkter Nähe und durch aufkommende Windböen beunruhigt, hätten sich dann alle entschlossen, um 3:30 aufzubrechen, da der Camino von den Bränden wegführt.
Abends Spaghettiessen mit 2 Franzosen und einem Kanadier. Hatten vorgeschlagen zusammen zu essen, damit war auch ein größeres Problem gelöst - ich hatte zwar die Zutaten zum Kochen besorgt, aber es gab insgesamt nur 2 Töpfe zum Kochen. Dafür aber mehr als 20 Pfannen in der Herbergsküche.
Deren französischer Reiseführer zum Camino hatte einen komischen Titel, 'Miam Miam Dodo'. Habe den Hinweis bekommen, daß sich seinerzeit die Pilger ohne Fremdsprachenkenntnisse so nach Essen und Unterkunft erkundigt haben.