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Camino Mozarabe
Von Alcalá la Real bis Baena

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[6.08.2024] Von Alcalá la Real nach Alcaudete

Die meiste Zeit führt der Weg durch Olivenplantagen. Etwas Abwechslung bieten Kaninchen, die vor mir die Flucht ergreifen.

Ventas del Carrizal erreiche ich zur Mittagszeit. Dort, in einem Supermarkt, gibt es gekühlte Getränke. Ich gönne mir ein Bier, bevor es weitergeht.

Am Ziel der Etappe, in Alcaudete, gibt ein besonderes Heiligtum. Zumindest sieht es danach aus, als wollte es mit Fatima konkurrieren.

In Alcaudete befindet sich wieder eine Burg. Zahllose Flaggen an Masten bewerben diese Festungsanlage. Laut einem Hinweisschild ist es eine der an besten erhaltenen Burgen von ganz Spanien. Dienstags geschlossen. Okay, zumindest kann ich mir die Anlage von außen angucken.

Da zwei Alternativangebote telefonisch nicht erreichbar waren, hatte ich mir einen Platz in der Pensión Hidalgo reserviert. Ich bin aber etwas enttäuscht. Ein einfaches Schlafzimmer mit Bad, mit 33 Euro die bisher teuerste Übernachtung. Vielleicht bin ich aber nach den vorigen Unterkünften etwas verwöhnt.


[7.08.2024] Von Alcaudete nach Baena

Morgens führt der Weg ein kurzes Stück hinauf zur Burg, vor der sich eine massive Kirche erhebt. Danach folgt ein leicht abfallender Schotterweg durch Olivenhaine. Etwas unschön, dass nach einem kurzen Höhenweg ein Abschnitt an der Schnellstraße folgt. Laster poltern vorbei. Zum Glück fahren die hier wegen einer Steigung etwas langsamer und wechseln netterweise sogar auf die mittlere Spur.

Die Markierungen führen mich danach wieder durch Olivenplantagen. Wer braucht eigentlich so viel Olivenöl? So wie es aussieht, versorgt Spanien den ganzen Rest der Welt. Bald wird es schwierig, den richtigen Weg durch das Gelände zu finden. Er führt mich quer feldein, Mittlerweile gehen meine Wasservorräte zur Neige. Aber keine Sorge! Laut Plan befindet sich der Mitte der Etappe, wenn ich 14,2 Kilometer geschafft habe, eine „Antigua Estación“. Irgendein Ort, in dem ich meine Flaschen wieder füllen kann. Bis dahin reichen meine 2,5 Liter, so habe ich kalkuliert. War unschön ist, dass ich momentan weit und breit keine Wegmarkierung sehe. Und Google Maps ist keine Hilfe, hat mittlerweile seine Funktion eingestellt. Dank einer anderen Navi-App erkenne ich, dass sich in der Nähe eine Sehenswürdigkeit namens „Laguna del Salobral“ befindet. Ein großer See ist auf der Karte auch eingezeichnet. Die Navigation findet zwar keinen Weg dorthin, zeigt mir aber die Richtung.

Eine Lagune! Voller Vorfreude stolpere ich durch die steinige Olivenbaum-Monokultur. Ich träume jetzt davon, in das angenehm kühle Nass zu springen und dort eine Runde zu schwimmen. Das habe ich mir nach dem langen Umherirren wirklich verdient! Und ich kann meine Flaschen mit frischem Wasser füllen. Mit etwas Glück befindet sich dort auch ein Kiosk, an dem ich mir eine Limonade besorgen kann. Oder, noch besser, ein eisgekühltes, frisch gezapftes Bier!

Es geht nun abwärts, endlich komme ich aus dem nirgendwo wieder auf einen Schotterweg. Und die Markierungen sind auch da! Doch wo befindet sich diese Traumlagune? Alles, was ich zu meiner Linken sehen kann, ist eine weitläufige, von trockenen Gräsern überwucherte Ebene.

Da entdecke ich ein Schild mitten im Unkraut. Es behauptet, dies wäre die besagte Lagune.

Nein, das kann nicht sein! Das ist keine Lagune! Zumindest nicht so, wie man sie aus Filmen kennt. Wenigstens sollte es irgendwo Wasser geben. Aber selbst davon ist weit und breit nichts zu sehen. Zu meiner rechten befindet sich ein Brunnen. Vielleicht einer der unzähligen illegalen. Ich werfe einen Blick hinein. Mindestens 5 Meter tief. Er ist vollkommen leer, nur Steine sind in der Tiefe zu sehen. Vermutlich hat man mit der Bewässerung der endlos weiten Olivenhaine diese Lagune vollkommen ausgetrocknet.

So platzt der Traum von der Lagune. Das Planschen im See fällt aus. Die Markierungen führen mich um den See herum, laut Plan befindet sich auf der gegenüber liegenden Seite ein Park- und Rastplatz. Vielleicht bekomme ich dort noch ein eisgekühltes Bier. Wobei ich mittlerweile schon sehr glücklich sein werde, wenn ich dort wenigstens meine Wasservorräte auffüllen kann.

Ich erreiche den Rastplatz. Dort stehen ein paar Holzbänke und Tische. Aber ohne Wasserquelle. Daneben befindet sich auch ein verlassenes Gebäude. Ich gehe einmal um dieses herum. Türen und Fenster verriegelt. Ich entscheide mich für eine kurze Rast, genieße ein paar Weintrauben, und schon geht es weiter. Mittlerweile steht die Sonne am Zenit und brennt vom wolkenfreien Himmel herab. Auf dem Weg gibt es keinen Schatten. Außer meinem eigenen. Und wie es aussieht, ist dieser verlassene Bahnhof komplett verschwunden.

10 Kilometer liegen noch vor mir. Als ich mich noch frage, wie ich das überstehen soll, überquere ich eine kurze Anhöhe des Weges und bin überrascht. So, als wäre mein Klagen erhört worden, plätschert direkt vor mir ein Bach über den Weg. Wasser! Es riecht hier etwas modrig und die Sumpfpflanzen im Bach wecken meine Zweifel, dass dieses Wasser genießbar ist. Wenigstens ist das Wasser nicht trüb. Eine vorsichtige Kostprobe. Der Geschmack ist so, als ob man abgestandenes Wasser aus einem alten Turnschuh trinkt. Ein bisschen eklig. Den Würgereiz kann ich gerade noch kontrollieren. Nach kurzer Überlegung fülle ich die leere Flasche trotzdem. Das Wasser werde ich nicht anrühren. Nur im äußersten Notfall. Mit zwei Schlucken von dem verbleibenden Trinkwasser muss ich die letzten 10 Kilometer einfach durchhalten.

Eine Weile schleppe ich mich weiter voran, da rauscht ein Geländewagen an mir vorbei. Plötzlich hält er an und hupt. Was will der Kerl? Er kommt auf mich zu und hält mir einen Strohhut entgegen. So könnte man das nicht machen, tadelt er mich, ganz ohne Sonnenschutz hier herumzulaufen. Ich versuche, ihm zu erklären, dass so ein T-Shirt über dem Kopf doch den gleichen Effekt hat. Doch er schüttelt den Kopf und beharrt darauf, dass ich den Hut nehmen soll.

Freundlich bedanke ich mich, bei der Gelegenheit frage ich, ob er etwas Wasser dabei hätte. Leider nicht. Schade.

Das Trinkwasser ist verbraucht. Noch 8 Kilometer bis zum Ziel. Die Sonne brennt erbarmungslos. Meine Kehle ist so trocken, dass ich mir ab und zu einen kleinen Schluck gönne. Von dem verbotenen Wasser. Bloß vorsichtig sein. Doch der Weg zieht sich endlos hin. An einer Zementfabrik vorbei, wieder einen Schluck. Das Wasser ist mittlerweile heiß geworden. Und mir fällt auf, es schmeckt gar nicht mehr sumpfig. Vielleicht hat die Hitze mittlerweile die Fäkalbakterien im Wasser getötet. Es war eine Illusion, zu glauben, die letzten 8 Kilometer ohne Wasser auszukommen.

Ich sehe Baena schon vor mir, da leere ich den letzten Rest davon. Unschönerweise habe ich nun noch einen steilen Aufstieg vor mir. Ich schleppe mich Schritt für Schritt aufwärts. Dabei fällt mir mein rechtes Ohr zu. Vielleicht ein Dehydrierungssymptom. Oder wegen der Fäkalbakterien.

Die Unterkunft hatte ich telefonisch reserviert. Ich lasse mich dorthin navigieren. Nochmals weiter steil aufwärts und kurz darauf stell abwärts. Und ich bin da! Es ist eine enge gepflasterte Gasse ohne Schatten, die Hausfassaden auf beiden Seiten reflektieren das Sonnenlicht. So muss sich ein Brathuhn fühlen. Von allen Seiten werde ich gegrillt. Die Eigentümerin hatte mir einen Nummerncode geschickt, schnell habe ich den kleinen Tresor geöffnet, den Schlüssel in der Hand, ein Schloss geöffnet, das Zweite und ich bin drin. Zwar sollte ich vorher Bescheid geben aus irgendeinem Grund, aber jetzt habe ich nur eines. Duuuuuuurst! Als ich die Tür hinter mir geschlossen habe und mich in einem angenehm kühlen Vorraum wiederfinde, atme ich tief durch. Ich sehe mich um. Ein technisches Gerät mit Ziffern. Es blinkt grün. Als ich überlege, welchen Zweck es erfüllen könnte, gibt es plötzlich ein „Möööp! Möööp! Möööp!“ von sich. Mir schwant etwas. Jetzt sollte ich irgendetwas tun. Und zwar möglichst schnell. Hastig tippe ich eine Nachricht an die Eigentümerin, warte einen Moment. Zu spät! Plötzlich erfüllt das Gebäude ein schrilles Pfeifen, das bis ins Mark geht. Es dauert eine Minute an, bis es verstummt. Mein rechtes Ohr ist wieder frei. Nach dem Schreck eile ich in die Küche. Endlich kann ich meinen Durst stillen!

Ich hätte mich vorher melden sollen, erfahre ich von der Eigentümerin. Aus der Ferne hätte sie die Alarmanlage deaktivieren können. Die Polizei würde automatisch benachrichtigt und sich gleich bei ihr melden, erklärt sie. Ich solle mir jetzt aber keine Sorgen machen.


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