Auf dem Camino del Norte / Camino de la Costa III
Von Buelna durch Asturien
1: Baskenland
2: Kantabrien
3: Asturien Teil 1
4: Asturien Teil 2
5: Galicien
Bei einem Pilgerzwerg vorbei führt der Weg durch Felsen am Meer, vorbei an sogenannten 'Buffones' - Höhlen im Gestein, die durch Wellen ausgehöhlt wurden. Zisternen, in denen Meerwasser sprudelt. Viele Touristen sind unterwegs, die nur diese Tagesetappe wandern, da dieser Weg einer der Attraktivsten ist. Nach den Klippen steigt man auf einen Berg, der einen Ausblick über den Ozean und die Strände bietet.
Llanes ist die nächste Stadt mit einer Herberge, jedoch von Touristen überlaufen und mit einem Strand, der nicht gerade einladend ist. Daher wandere ich lieber weiter in den nächsten Ort und suche dort nach einer Unterkunft. Der Strand in der kleinen Siedlung Poo ist etwas attraktiver. Abends treffe ich auch einige deutsche Pilger wieder.
Der Wanderweg abseits des Camino führt entlang der Küste mit den Kliffs zu einem Strand, an dem sich ehemals bewohnte Höhlen befinden. Diese Variante ist wesentlich interessanter, jedoch ein deutlicher Umweg, der abwechselnd zum Meer und wieder zurück in die Dörfer verläuft. Nachmittags suche ich den Ort mit der nächsten Herberge: Piñeres. Jedoch gibt es dort bis auf ein paar Farmen nichts - keine Bar, kein Restaurant, keinen Supermarkt. Ich wandere lieber weiter. Nach Ribadesella, zu einer Stadt, die ich gleich zu meinen Favoriten zähle, wegen dem großem Sandstrand, vielen Bars und dem Gebirge im Hintergrund. Den Picos de Europa, die sich genau südlich der Stadt befinden. Und die berühmte Höhlenkapelle, genannt Covadonga. Ein Besuch dieser alten Kultstätte würde mich interessieren, diese liegt zu Fuß jedoch zu weit entfernt für einen kurzen Abstecher und ich habe keine Idee, wie ich mit dem Bus dort hinkomme. Das Touristenbüro ist jetzt Abends schon geschlossen. Und die Jugendherberge voll belegt. Es gibt als Alternative nur Hotels. Als erstes erkunde ich die Stadt nach einer Schlafmöglichkeit, bei der ich nachts ungestört wäre. Vielleicht am Strand? Nach einem Fischteller, bei dem ich eine Gruppe spanischer Pilger kennenlerne und mich eine Weile unterhalten kann, gehe ich an den zweiten Strand, der etwas abgelegener liegt und sehe einen Wegweiser, der aufwärts führt: 'Torre de Atalaya'. Ein Turm. Vielleicht kann ich darin schlafen. Der Weg endet, von dem Turm ist nichts zu sehen. Dafür die beleuchtete Altstadt von Ribadesella unter mir. Und die sich heute Nacht besonders hoch auftürmenden Wellen des Ozeans. Vermutlich ist dies der Platz mit der besten Aussicht weit und breit. Und ich werde morgens nicht von Joggern gestört. Aber sehr kühl ist es nachts - beim ersten Sonnenstrahl mache ich mich auf den Weg, um mich aufzuwärmen.
Auf der linken Seite sieht man auf dieser Etappe fast durchgehend die Picos del Europa, rechts das Meer, abwechselnd Strand und Klippen - wieder ein idyllischer Wandertag. La Isla sehe ich schon aus einiger Entfernung - es ist ein Dorf, in dem man sich fast verlaufen kann. Obwohl es ziemlich klein ist. Die Gebäude und Straßen sind ziemlich ungeordnet. Die Siedlung befindet sich trotz des Namens weder auf einer Insel noch auf einer Halbinsel.
Die meiste Zeit regnet es. Für Pausen suchen sich die Pilger die einzigen Orte aus, die Schutz vor der Nässe bieten: die überdachten Plätze vor den Kirchen. Der Weg führt durch die entlegensten Ortschaften Asturiens, die durch Land- und Forstwirtschaft geprägt sind, überquert viele Berge und geht durch viele Täler. Zum Schluss treffe ich die Deutsch-Französin wieder, welche die Jakobs-Pilgerreise gebucht hatte. Zusammen wandern wir den letzten Abschnitt nach Villaviciosa und zu Beginn der Stadt an einer Sidra-Fabrik vorbei. Sidra ist die Spezialität von Asturien: vollständig vergorener Apfelsaft, der zwar nicht sonderlich gut schmeckt, dafür 6% Prozent Alkohol enthält und an jeder Bar für nur 2,50 Euro pro Flasche zu haben ist. „Sidrerias“ werden die Bars genannt, sie sich auf Sidra spezialisiert haben. Trotz oder wegen dem nicht außergewöhnlichen Geschmack des Getränks hat sich ein spezielles Ritual des Servierens etabliert: man hält das Glas so weit wie möglich von der Flasche entfernt - das Glas unten, aber seitlich gedreht - und versucht, dieses beim Eingießen zu treffen. Üblich ist dabei auch, dass fast die Hälfte des Getränks bei dieser Serviermethode verloren geht.
Kurz nach Villaviciosa treffe ich auf Wegweiser, die auf den Camino nach Covadonga weisen. Interessant wäre es, diese Variante hin- und zurück zu wandern. Vielleicht bei einer anderen Gelegenheit. Ein wenig weiter teilt sich der Weg abermals: nach Oviedo, zum Camino Primitivo - den ich schon kenne -, und nach Gijon, die Fortsetzung des Camino del Norte. Ich nehme die zweite Variante.
Die Pilgerherberge, die ich als Ziel eingeplant habe, liegt an einem Campingplatz und fernab von allem. Nichts für mich. Außerdem ist der Tag noch jung und noch genügend Zeit. Also geht es weiter nach Gijon, zur größten Stadt in der Region Asturien.
Beim Tourismusbüro bekomme ich die Information, bei der Studentenresidenz würde eine Übernachtung 15 Euro kosten. Bei der Jugendherberge ähnlich, aber die liegt 2 km außerhalb vom Zentrum, ganz am Stadtrand. Bei der Residenz kann ich erst fast nicht glauben, was ich bekomme: ein helles Zimmer mit einem Stockbett, Schreibtisch, Kleiderschrank, eigenem Bad mit Dusche. Circa 15 qm2 für mich allein und das für 15 Euro inklusive Frühstück. Und ich kann jederzeit nachts zurück: es ist Freitag - fast, genaugenommen - und die Zeit, ausgiebig feiern zu gehen.
Abends gehe ich einfach dorthin, wo „mucha gente“ - viele Leute - sind und setze mich mit meinem Bier auf eine Mauer. Irgendwelche Spanier findet man immer zum unterhalten. Es dauert nicht lange, dann erscheint ein südamerikanisch aussehender Musiker. Seine Tasche, die er trägt, sieht danach aus - ich frage ihn, ob er Gitarre spielt. Er nickt, packt sogleich sein Instrument aus und beginnt zu spielen, mit Gesang, und das sehr gut. Die Musik erinnert mich an den Stil der Gipsy Kings. Während er einige Zeit spielt, gesellen sich immer mehr Zuhörer dazu, irgendwann will sich einer von ihnen selbst an dem Instrument versuchen, nimmt es in die Hand und meint verwundert: „Es fehlt die erste Saite!“
Er kommt dennoch damit zurecht und spielt ebenso sehr gut. Beide Spieler wechseln sich den weiteren Abend ab und ich bin bestens unterhalten - so das ich erst um 5 Uhr in mein Bett komme.
Die Studentenresidenz hat noch einen weiteren Vorzug: Frühstück gibt es von 7:00 bis 12:00. Da wurde Rücksicht genommen auf Studenten. Und Langschläfer. Wie mich. Um 11:30 ist Beeilung angesagt, ich setze mich nicht ganz ausgeschlafen zu ein paar Spaniern an den Frühstückstisch und überlege, ob ich heute in der Lage bin, zu Wandern. Nein, definitiv nicht. Zum Glück kann ich noch einen Tag verlängern - und wieder ins Zimmer, noch ein paar Stunden schlafen.
Nach einem Nachmittag mit Stadtbesichtigung, einigen Stunden am Sandstrand bin ich schon neugierig, was dieser Freitagabend zu bieten hat. In der gleichen Umgebung wie an Vortag gibt es 3 Diskotheken und einige Bars. Dieser Abend verläuft jedoch eher unspektakulär, da ich niemand kennenlerne und der Gitarrenspieler, dem ich später begegne, nicht mehr in der Lage ist, zu musizieren. Oder geradeaus zu laufen. Seine Zuhörer haben ihm zu viele Drinks spendiert.
Jetzt feiere ich etwas kürzer und begebe mich schon um halb Vier zur Nachtruhe.